Kloster Isenhagen – modernes Leben hinter historischen Mauern

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Redaktioneller Artikel
Beate Ziehres
21. Juni 2020

Im Kloster Isenhagen bei Hankensbüttel haben Besucher die Möglichkeit, tief einzutauchen ins klösterliche Leben des Mittelalters. Da dieses Kloster niemals zerstört wurde, finden sich zwischen Nonnenchor, Dormitorium, Kreuzgang und Innenhof zahlreiche Zeugnisse aus vergangenen Jahrhunderten. Kloster Isenhagen – eines von sechs Heideklöstern – zählt zu den über 100 zeitORTEn in der Region Braunschweig-Wolfsburg.




© Beate Ziehres für zeitORTE.de

Im März - noch vor dem coronabedingten Lockdown - treffe ich bei meinem Besuch im hohen Norden des Landkreises Gifhorn Äbtissin Susanne Jäger. Und sie verdeutlicht, dass das Kloster Isenhagen kein Museum ist, sondern ein lebendiges Kloster. Hier leben und arbeiten sechs Konventualinnen. Unter Einsatz moderner Technik wie Internet und Mobiltelefon verfolgen die Frauen ein gemeinsames Ziel: alte klösterliche Traditionen zu erhalten und zu bewahren.


Glasfaserkabel für ein mittelalterliches Kloster

Das mag im ersten Moment merkwürdig klingen. „Wir Klosterfrauen leben zwar auf dem Land, aber nicht hinter dem Mond“, versichert mir Susanne Jäger schmunzelnd. Dann gibt sie mir einen kleinen Einblick in das Spektrum ihrer Aufgaben. Dazu zählen beispielsweise derzeit Gespräche über den Anschluss des Klosters ans Glasfasernetz. „Wand aufhacken, Kabel rein, zuschmieren – das geht hier nicht. Für unser Haus gelten andere Maßstäbe“, erklärt die Äbtissin.

Zu den äußerst weltlichen Aufgaben der Kloster-Managerin gehört auch, sich zu kümmern, wenn einer der unzähligen Brandmelder in der Klosteranlage Alarm schlägt. Sie betreut Baumaßnahmen und die Angestellten, kommuniziert mit der Berufsgenossenschaft und verhandelt alljährlich im Herbst das Budget für Isenhagen mit der Klosterkammer Hannover. Denn für die Unterhaltung der Gebäude und die Gehälter der Angestellten – um nur Beispiele zu nennen – wird mehr Geld benötigt, als das Kloster Isenhagen einnimmt. Auf der Einnahmenseite stehen beispielsweise Eintrittsgelder.

Rundgang durch das Kloster Isenhagen

Und zu sehen gibt es allerhand im Kloster Isenhagen. Ich bin am neugierigsten auf das Dormitorium, also den ehemaligen Schlafbereich der Nonnen. Doch Susanne Jäger lenkt meine Schritte zuerst durch den gotischen Kreuzgang mit der massiven Holzbalkendecke in den Innenhof.

Hier im Innenhof haben früher Menschen die letzte Ruhe gefunden. Und was für eine Ruhe! Außer der Äbtissin und mir sind hier nur ein paar Vögel unterwegs. Eine betagte Catalpa – ein Trompetenbaum – mit malerischen Absenker-Ästen prägt die kontemplative Atmosphäre des Innenhofs. Unvermittelt senke ich die Stimme zu einem Flüstern. Es wäre ein Frevel, diese Ruhe zu stören.

Nun führt unser Weg in die Klosterkirche. Der frühgotische Backsteinbau datiert aus dem Jahr 1345. Ich erfahre, dass das Gotteshaus eigentlich bis heute unvollendet ist. Denn schon im Jahr 1349 werden die Bauarbeiten am Gewölbe gestoppt. Durch den europaweiten Ausbruch der Pest mangelt es an Arbeitskräften. Der Kirchenraum erhält die flache Holzdecke, die ich jetzt sehe.

Im Jahr 1440 bekommt die Kirche einen geschnitzten gotischen Flügelaltar und im 17. Jahrhundert eine Kanzel. Übrigens: Klosterfrauen wird man im Kirchenraum nicht beim Beten überraschen. Hier trifft sich die Gemeinde zu Gottesdiensten.

Das Dormitorium – ein Schlafsaal für 100 Nonnen

Nach einer kurzen Visite im Kapitelsaal, in dem heute standesamtliche Hochzeiten stattfinden, geht es einen Stock höher ins ehemalige Dormitorium. In diesem Schlafsaal ruhten in den Anfangsjahren bis zu 100 Nonnen. Später entstanden in Holzverschlägen Einzelzellen zum Schlafen. Bis zur Fertigstellung der barocken Gebäudeflügel im Süden und Westen im Jahr 1726 wohnten die Frauen in den zugigen und unbeheizten Klosterzellen.

Vom Schlafbereich führt ein Durchgang direkt in den Nonnenchor über der Kirche. Der Nonnenchor ist seit der Gründung Isenhagens als Zisterzienserinnenkloster das geistige Zentrum des Hauses. Hier sind nicht nur das prächtige Chorgestühl und geschnitzte Figuren erhalten, sondern auch der Altar mit wertvollen Schnitzereien und Malereien.

Susanne Jäger erklärt, dass Isenhagen nach der Reformation von einem katholischen in ein evangelisches Kloster, einen Konvent, umgewandelt wurde. „Das ging nicht von heute auf morgen, die Reformation war ein Prozess. Die Frauen haben sich ein eigenes evangelisches Leben erarbeitet. Manche katholische Riten sind bis heute erhalten.“

Dazu zählen beispielsweise die Bezeichnung Äbtissin sowie das Mittags- und das Abendgebet. Die Zisterzienserinnen haben sich schon nachts um 2 Uhr vom Nachtlager erhoben, um direkt in den Nonnenchor zum Beten zu gehen.

Auch im evangelischen Konvent gelten Regeln

Dermaßen strenge Tagesabläufe gibt es im evangelischen Konvent nicht mehr. Aber es gilt gewisse Regeln zu beachten. „Dazu zählen beispielsweise, nicht unentschuldigt beim Gottesdienst oder den täglichen Andachten zu fehlen und die jeweiligen Aufgaben verlässlich und ohne Murren zu erledigen“, erklärt die Äbtissin.

Welche Aufgaben das denn seien, frage ich. „Alle Konventualinnen müssen beispielsweise Gästeführungen übernehmen. Jede Frau pflegt ihren eigenen Garten, es gibt Schließdienste, Andachten und Gottesdienste müssen vor- und nachbereitet werden. Auch im Klosterarchiv und in der Klosterbibliothek fallen Arbeiten an.“

Mit diesen Worten der Äbtissin sind wir an der letzten Station unseres Rundgangs durch Kloster Isenhagen angekommen: Es gibt tatsächlich ein Museum im Kloster. Hier sind kostbare Textilien, wertvolle Goldschmiedearbeiten und seltene Bücher aus dem Besitz des Klosters ausgestellt.

Und wir halten uns jetzt wieder im barocken Gebäudetrakt auf, in dem sich auch die Wohnungen der Konventualinnen befinden. Jede der sechs Frauen, die eine harmonische Gemeinschaft bilden, hat hier eine eigene Wohnung mit zwei Zimmern, Küche und Bad.

Ein Kloster ohne Nachwuchssorgen

Ob sich das Kloster über „Nachwuchs“ Gedanken machen muss, frage ich die Äbtissin. „Nein“, sagt sie. Nachfrage sei immer wieder da, aber der Konvent nehme erst nach genauer Prüfung und einem Probejahr neue Mitglieder auf.

„Auch für die Interessentinnen ist es ein gewaltiger Schritt. Sie müssen beispielsweise bereit sein, sich aufs Landleben einzulassen“, so Äbtissin Susanne Jäger.

Nach einem ausführlichen Klosterputz könnte in Isenhagen die Führungssaison beginnen. Bis zum 15. Oktober wäre Sommerbetrieb, der aktuell aber nicht möglich ist. Danach wird es zu kalt in den mittelalterlichen Mauern. Das kann ich mir gut vorstellen. Bei meinem Besuch vor einigen Tagen war ich froh über eine warme Jacke.



Auf der Webseite www.kloster-isenhagen.de informiert der Konvent auch über Veranstaltungen im Kloster wie beispielsweise die klassische Konzertreihe „Schätze im Kloster“ oder das Format „Meditation und Stille“.

Das Kloster Isenhagen ist zeitORTE-Partner

Mehr Informationen zum Kloster und seinem kulturellen Angebot gibt es hier

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