Hinter Aegidien enthüllt sein Herzstück - digital und international

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Redaktioneller Artikel
Sjera-Djana Zuzarte
25. April 2021

Das Braunschweigische Landesmuseum hat viel zu bieten. Hier kann man lebendige Geschichte erleben und in die Zeit von vor 50.000 Jahren bis heute eintauchen. Die Sammlung ist vielfältig und die Ausstellungen werden in vier verschiedenen historischen Gebäuden präsentiert.
© © A. Pröhle, Braunschweigsches Landesmuseum

Am Burgplatz in Braunschweig befindet sich die Ausstellung zur Braunschweigischen Landesgeschichte. Ur- und Frühgeschichte des Braunschweiger Landes sind in der Kanzlei Wolfenbüttel zu Hause. Das Zweigmuseum Hinter Aegidien zeigt eine Ausstellung zur Jüdischen Religion und Kultur. Hier ist die Judaica-Sammlung des Braunschweigischen Landesmuseums beheimatet. Sie besteht aus mehr als 1000 Objekten. Daher zählt sie zu den historisch bedeutendsten in Deutschland und ist darüber hinaus bekannt, wie dieser Beitrag zeigen soll. Für die jüdische Abteilung des Landesmuseums ist diesen April ein Tag von internationaler Bedeutung.

Am 25. April 2021 wird die Hornburger Synagoge, die sich in der Ausstellung Hinter Aegidien befindet, enthüllt. Was das bedeutet und um welchen besonderen Ort es sich bei dem Zweigmuseum handelt, haben wir das Team der 3Landesmuseen Braunschweig gefragt.



Können Sie uns etwas zum Klosterensemble erzählen? Uns interessiert Spannendes rund um die Historie, Architektur und die heutige Bedeutung.

Architektonisch ist das Museum Hinter Aegidien des Braunschweigischen Landesmuseums ein ungewöhnliches Gebäudeensemble, wie es sich eigentlich nur unter dem Dach eines Museums entwickeln kann. Es besteht aus den noch erhaltenen Räumlichkeiten des ehemaligen Benediktinerklosters St. Aegidien und dem gotischen Chor der Kirche des ehemaligen Paulinerklosters, das ab 1902 vom Bohlweg nach Hinter Aegidien versetzt wurde. Zudem gehört seit 1935 das frühere Evangelische Vereinshaus (um 1900) auf der Südseite des Klosters zum Museumsensemble.

Das Benediktinerkloster St. Aegidien wurde 1115 von der Gräfin Gertrud aus dem Geschlecht der Brunonen gestiftet. Von den Räumlichkeiten sind noch die Kirche, zwei Flügel des romanischen Kreuzganges und drei angrenzende Räume erhalten. Der westliche Flügel des Kreuzgangs wurde um 1160 errichtet und ist damit das älteste erhaltene Gebäude Braunschweigs seit der Auflösung während der Reformation wurde das Kloster unterschiedlich genutzt: als evangelisches Damenstift, als Militärdepot, Gefängnis und kultureller Veranstaltungsort sowie schließlich als Museum.

Was ist die Judaica-Sammlung und warum ist sie so bedeutend?

Bereits 1906 erfolgte eine Aufnahme jüdischer Objekte in die Sammlung des 1891 gegründeten Vaterländischen Museums, dem Vorgänger des heutigen Braunschweigischen Landesmuseums. Das ist für diese Zeit recht ungewöhnlich gewesen. Diese Sammlung von Objekten des religiösen Gebrauchs gehört zu den historisch bedeutendsten in Deutschland. Ihren Grundstock bildet die Sammlung von Alexander David (1687–1765), „Hoffaktor“ der Braunschweiger Herzöge. Eine wichtige Erweiterung erfuhr sie durch einen bedeutenden Bestand von Tora-Wimpeln und durch zahlreiche Objekte zum Reformjudentum, das im frühen 19. Jahrhundert im Herzogtum Braunschweig seinen Anfang nahm.

Welche besonders herausragenden Objekte gibt es?

Ein ganz besonderes Exponat ist die barocke Innenausstattung der Synagoge in Hornburg. 1924 vor dem Abriss des Gebäudes nahezu vollständig ins Museum überführt, ist sie heute die einzige erhaltene historische Einrichtung einer Synagoge des 18. Jahrhunderts.

Ergänzt wird die Judaica-Sammlung durch Alltagsgegen­stände, in denen sich Facetten jüdischen Lebens im Braunschweiger Land vor und nach 1945 widerspiegeln.

"Die Judaica-Sammlung des Braunschweigischen Landesmuseums verfügt über außergewöhnliche, teilweise einzigartige Stücke. Dazu kommt, dass die Mehrzahl der Objekte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik von jüdischen Gemeindemitgliedern selbst dem Museum übergeben wurde. Dieses Vertrauen in die Museumsarbeit ist uns bis heute Auftrag und Verpflichtung zugleich, die Stücke zu bewahren und ihre Geschichten zu vermitteln."

Dr. Heike Pöppelmann, Museumsdirektorin des Braunschweigischen Landesmuseums

Wir haben vom Shared History Project gehört. Worum handelt es sich dabei? Und wie wird die Hornburger Synagoge „enthüllt“?

Das Shared History Project ist eine webbasierte Plattform, auf der 58 historische Objekte und Zeugnisse jüdischer Geschichte anlässlich des Festjahres „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ präsentiert werden. Initiiert und realisiert wurde diese internationale Plattform vom Leo Baeck Institute in New York. Am 25. April wird die historische Inneneinrichtung der Hornburger Synagoge auf der Website des Shared History Projectpräsentiert. Mit der digitalen Präsentation des Ensembles wird die Geschichte im Kontext historischer jüdischer Zeugnisse und Objekte einem internationalen Publikum im Detail vorgestellt.

Was erwartet die Besucher*innen in der Ausstellung? Können Sie uns einen kleinen Ausblick geben?

In den neu gestalteten Räumen des Ausstellungsorts in Hinter Aegidien lädt das Braunschweigische Landesmuseum seine Besucher*innen ein, jüdische Geschichte als integralen Teil der Niedersächsischen Geschichte neu zu entdecken. Ausgehend von den Sammlungsobjekten werden vor allem die verzweigten Lebensgeschichten ihrer ursprünglichen Besitzer*innen eine wesentliche Rolle spielen; ihre Mikrogeschichten sind Spiegel der Makrogeschichte. Zudem machten Jüdinnen und Juden durch ihre Schenkungen an das Museum den Aufbau der Sammlung im frühen 20. Jahrhundert überhaupt erst möglich.

Einige der wertvollsten Objekte der Sammlung, wie der handgeschriebene zweibändige Machsor von Alexander David oder die barocke Inneneinrichtung der Hornburger Synagoge, werden ebenso unter neuem Blickwinkel präsentiert wie religiöse Gegenstände des privaten Gebrauchs sowie Objekte, die über die Entstehung und Entwicklung der jüdischen Reformbewegung Auskunft geben. Gleichzeitig wird die Ausstellung beleuchten, wie sich das Ringen um Anerkennung durch die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft, die wechselseitige Beeinflussung und die Erfahrungen von Diskriminierung, Ausgrenzung bis hin zur Ermordung in der Schoa nicht nur in den Familiengeschichten, sondern auch in den Objekten widerspiegelt. Dabei geht der Blick über die Nachkriegszeit hinaus bis in die Gegenwart, in der Jüdinnen und Juden sich nach wie vor mit Fragen der Zugehörigkeit konfrontiert sehen und die Mehrheitsgesellschaft ihnen häufig eine bestimmte Rolle zuweist.

Das zeitORTE Team freut sich auf die Wiedereröffnung von Hinter Aegidien!

Bis dahin gibt es regelmäßig Aktuelles und Spannendes auf den Internetseiten und auf den Social Media Kanälen des Braunschweigischen Landesmuseums! Hier geht es zu Facebook und Instagram.

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